Konformismus oder „vierte Gewalt“
14 Seiten | Autor: Cathleen Kantner
Alexis de Tocquevilles „Über die Demokratie in Amerika“ war in den Jahren vor und nach den Revolutionen von 1848 ein internationaler Bestseller, doch noch vor dem Ende des Jahrhunderts hatte ihn ein anderer Revolutionstheoretiker überholt: Karl Marx, dessen intellektueller Einfluß spätestens seit der Gründung der Zweiten Internationale 1889 anstieg und sich noch fast einhundert weitere Jahre behaupten konnte. Für Marx und Weber war der Kapitalismus, nicht die Demokratie, das zentrale Kennzeichen der Moderne, während es Tocqueville noch in der klassischen Tradition von Aristoteles und Montesquieu um den universellen moralischen Wert der Freiheit ging. Tocqueville, der „erste Theoretiker der modernen Massendemokratie“, schenkte Prozessen öffentlicher Kommunikation, Meinungsbildung und den Prozeduren ihrer Anbindung an politische Entscheidungsprozesse daher systematischere Aufmerksamkeit als seine Zeitgenossen. Dabei gilt er als äußerst skeptischer Beobachter der öffentlichen Meinung, deren Konformismus in einer egalitären Gesellschaft die Gefahr der „Tyrannei der Mehrheit“ bzw. einer despotischen Demokratie berge. Durch die französische Erfahrung des jakobinischen Terrors geprägt, sah er nur allzu deutlich die Fragilität demokratischer Freiheiten und Institutionen.
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