Krieg als Chamäleon
10 Seiten | Autor: Sammi Sandawi
Krieg – als der direkteste Gradmesser sich vollziehender militärischer Veränderungen – ist seit jeher kein feststehender Zustand, sondern ein im Fluß befindliches Verhältnis vielfältiger politischer, militärischer, kultureller, rechtlicher, ökonomischer und technischer Variablen.1 Bereits die bei Carl von Clausewitz mit dem Anspruch auf Allgemeingültigkeit verfaßte Definition des Krieges, wonach hierunter ein Akt der Gewalt zu verstehen ist, welcher den Gegner zur Erfüllung des eigenen Willens zwingen soll2, verdeutlicht die enorme Spannweite, die der preußische Kriegstheoretiker der Veränderung militärischer Auseinandersetzungen einräumte. Dabei war es keineswegs Clausewitz, der als erster auf den chamäleonhaften Charakter des Krieges verwies, welcher „in jedem konkreten Falle seine Natur etwas ändert“.3 Bereits der 500 v. Chr. lebende chinesische Pilososoph Sunzi verglich den Krieg mit dem Wasser, da auch die militärische Konfliktaustragung „keine unveränderliche Form kennt“ und so „im Krieg keine unveränderlichen Bedingungen“ existieren.4 Verfolgt man diese Analogie weiter, erkennt man, daß ebenso wie das Wasser, welches infolge einer linearen Temperaturveränderung beim Erreichen des Phasenübergangs seinen Aggregatzustand auf radikale Weise zu ändern vermag, sich auch die Wandlungsfähigkeit des Krieges hinsichtlich gradueller Veränderungen bzw. revolutionärer Umbrüche differenzieren läßt. So finden sich in der Geschichte des Krieges spezifische Entwicklungen, in deren Verlauf ein (bisweilen gradueller) technologischer Fortschritt nicht nur zum „moralischen Verschleiß“5 des tradierten technischen Kriegsgeräts führte, sondern auch das Wesen des Krieges derart veränderte, daß die bis dahin gültige militärische Taktik und Strategie ganz oder teilweise über den Haufen geworfen werden mußten.
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