Berliner Debatte Initial 4 | 2003

Körperkult

Herausgeber: Udo Tietz | Volker Caysa

224 Seiten

Der Körper ist nicht nur eine Ware, ein ökonomisches und kulturelles Kapital; der Körper ist Kult. Globalisierte Körperbilder suggerieren uns nicht nur den schönen, sondern den „wahren“ Körper. Naturgegebene, „natürlich“ gewachsene (und gealterte) Körper erscheinen dagegen als minderwertige, „falsche“ Körper, die nachgebessert werden müssen, um die man sich zu sorgen hat, an denen gearbeitet werden muß. 

Die Körper der Individuen unterliegen – per   Körperkult und vermittelt durch die Körperbilderproduktion der Medien – einer Serialisierung und Standardisierung, so daß eine Körpermode möglich wird, in der man innerhalb einer bestimmten Angebotspalette einen Körper wie ein Kleid auswählen kann. Der Körper wird so nicht nur den je unterschiedlichen Verwertungsbedürfnissen angepaßt, sondern er kann selbst systematisch zu einem Kapital ge- formt werden, das auf die jeweiligen Marktnteressen Rücksicht nimmt. Es entsteht eine schöne, neue Körper-Welt, in der die Körpertechnologisierung zur einer neuen Körperökonomisierung und zur Ökonomisierung des Körperumgangs führt. Das aber hat nicht nur eine Körperindustrialisierung, sondern auch eine Menschenökonomisierung zur Folge, in der die körpertechnologischen Möglichkeiten die Standards eines perfekten Körpers bestimmen und vorgeben, was als ein schöner Mensch zu gelten hat.

Durch die Verknüpfung von Körperkult und Körpertechnologisierung scheinen Ausnahmekörper zu einem technologisch massenweise reproduzierbaren Kunstwerk zu werden. Ebenso wie alle anderen Kunstwerke im Zeitalter ihrer technologischen Reproduzierbarkeit ihre Einmaligkeit verlieren, könnten auch die Ausnahme-Körper der Stars in Sport, Film und Mode ihre Aura verlieren, denn an die Stelle ihres einmaligen Vorkommens tritt vielleicht nun ihre massenweise Vervielfältigung. Auch wenn diese „Vervielfältigung“ scheitern sollte – versuchen wird man es, wie schon jetzt das alltägliche Bodybuilding und die massenweise Anwendung der plastischen Chirurgie beweisen.

Schlagworte: Körper | Biopolitik | Sport

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