Schwingkreise der Erregung
17 Seiten | Autor: Jörg Petruschat
Ästhetik kann mit und seit Lothar Kühne, so die Hypothese, nicht bloß als eine philosophische Disziplin entworfen werden. Sondern umgekehrt kann seit Kühne Philosophie gedacht werden als gestützt auf eine Anthropologie und Erkenntnistheorie, die maßgeblich ästhetisch und kulturell figuriert ist auf der Basis ihr zugrunde liegender Gestaltungsprozesse. Eine kritische Aneignung von Kühnes Theorien hat jedoch zu zeigen, dass für sein Denken der Marxismus-Leninismus nicht nur eine Startbahn und Ermöglichung war, sondern die Theorieverhältnisse, auf die er sich stützte und in denen er sein Denken entfaltete, bildeten zugleich Einhegungen und Diskursstereotype, die seine Entfaltung behinderten. In dem Beitrag soll auf zwei Aspekte hingedeutet werden, nach denen eine derart kritische Revue zum Denken Kühnes choreografiert werden könnte. Der eine Aspekt betrifft die gesellschaftstheoretischen Grundannahmen, die Kühne aus dem Marxismus-Leninismus übernommen hat, sie aber auf ein Individualitätskonzept und ein Menschenbild hin konkretisierte: das „Überschreiben“ eines sinnlich-konkreten Gemeinschaftsmodells durch den abstrakten Begriff einer bürgerlichen Gesellschaft. Der zweite Aspekt betrifft Kühnes Begreifen von Gestalt und Gestaltung und führt heran an Grundmotive seines ästhetischen Denkens. Beiden Gesichtspunkten liegt die Annahme zugrunde, dass die Auffassungen zu Gestalt und Gestaltung und deren Zentralstellung in Kühnes ästhetischem Denken zwar sehr oft als Ableitungen eines ökonomisch geprägten Konzepts von Gesellschaftsformationen auftauchen. Aber umgekehrt sind in der systematisch ausgelegten Theorie Kühnes Gestalt, Gestaltung und das Motiv der Resonanz eben auch als Basisprozesse entworfen, von denen her ihrerseits die Formationen von Individualität, Produktion und Gesellschaft modelliert werden können.
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