Mutterflucht und Muttersuche
5 Seiten | Autor: Kirsten Thietz
Zwei Männer kurz vor 60, einst als Dichter und Performer dem literarischen Untergrund der Prenzlauer-Berg-Szene assoziiert, schauen zurück auf ihre Kindheits- und Adoleszenzgeschichten. Herausgekommen sind zwei so voluminöse wie anrührende Bücher, in denen Seelen entblößt, Familienaufstellungen seziert, Gesellschaftstableaus umrissen und nichts ausgelassen wird, was das Heranwachsen an Einsicht und Verstehen, Schmerz, Glück und Peinlichkeit mit sich bringt. „Rabenliebe“ heißt das Buch von Peter Wawerzinek, „Georgs Sorgen um die Vergangenheit oder Im Reich des heiligen Hodensackbimbams von Prag“ das Buch von Jan Faktor. Einworttitel und barockes Wortornament sind programmatisch, sie bezeichnen im einen Fall das eklatante Fehlen von Mutterliebe, im anderen die überbordende Fülle von Sinneseindrücken und Erfahrungen in der vor allem von Frauen bewerkstelligten éducation sentimentale eines Heranwachsenden. Eine fundamentale soziale Prägung liefert das Thema beider Bücher, und zwar die, was es bedeutet, eine Mutter, eine Familie, ein Nest zu haben oder eben nicht.
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