Öffnet die Schweizerische Volkspartei die Büchse der Pandora?
8 Seiten | Autor: Mathias Lindenau
Mit der Annahme der Anti-Minarett-Initiative durch das Stimmvolk im November 2009 hat die Schweizerische Volkspartei (SVP) einen Sieg auf ganzer Linie errungen. Die Wahlforscher und die Vertreter des Bundesrats gingen davon aus, dass die Bürgerinnen und Bürgern die Vorlage ablehnen würden. Deshalb waren die Konsternation und das Entsetzen groß, als die Mehrheit der Wähler – fast 60 Prozent, außer in den Kantonen Genf, Neuenburg und Waadt sowie Basel-Stadt – ebenso wie die Mehrheit der Stände für die Annahme der Initiative stimmten. Schnell wurde offensichtlich, dass die Anti-Minarett-Initiative den Bundesrat in eine Zwickmühle gebracht hat: Da nach der Schweizer Verfassung Volksinitiativen für die politischen Entscheidungsträger bindend sind, müssen diese bei Zustimmung durch das Stimmvolk in der Verfassung festgeschrieben werden. Andererseits ist auch die Schweiz, z.B. durch ihre Zugehörigkeit im Europarat und der UNO, an internationale Abkommen und Verpflichtungen gebunden. Der daraus resultierende Interessenkonflikt wird am Beispiel der Anti-Minarett-Initiative plastisch: Das Verbot von Minaretten muss nun in die Verfassung aufgenommen werden und erhält damit einen rechtsverbindlichen Charakter. Gleichzeitig verstößt dieses Verbot nach einhelliger Auffassung führender Schweizer Rechtswissenschaftler gegen Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention, die die Schweiz ratifiziert hat.
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