Das Projekt der Wissenssoziologie

Aus Anlaß eines Buches

Ideengeschichtlichen Gebilden nachzuspüren, gleicht oft dem detektivischen Blick der Enträtselung. Der Eifer, mit dem inbrünstig Ideen, Geschichtsbilder oder einfach Alltagsvorstellungen ans „wahre“ Licht ihrer Existenz gebracht werden, suggeriert die Metapher des unbefleckten Beobachters, des geistigen Kundschafters. im Labyrinth engmaschiger Verästelungen von Denkobjektivierungen stehend, ähnelt er dem vermeintlich kontextfreien Aufklärer, dem nichts heiliger ist als ein ernstes, geselliges oder amüsantes Gespräch mit Plato, Aristoteles, Kant oder Hegel - und dies über Jahrhunderte hinweg. Bibliotheken werden angehäuft, professorale Hermeneutiken entwickelt. Welch ein Ergötzen, dem Gespür der Zeiten nachzugehen, sich in den Geist der Zeiten zu versetzen! Von einer Versammlung ehrwürdiger oder ketzerischer Geister umgeben, räsoniert der Zeitdetektiv über Denksysteme oder philosophische Metaphysiken mit einer Akribie und Stringenz, die ihn selbst ins Reich der Unsterblichen erhebt, kultiviert er den extramundanen Blick, den Blick der Vernunft in ihre eigene Immanenz.

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Erschienen in
Berliner Debatte 4 | 1993
Sozialwissenschaften und Ostdeutschland
112 Seiten

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